Aus der Geschichte des Tierparks E-Mail

 

Wer über die Entwicklung des Lehrparks für Tier- und Pflanzenkunde Dessau berichten möchte, der kommt nicht umhin, einige Anmerkungen zu seiner Lage im einstigen Mausoleumspark und zum alles dominierenden Mausoleum selbst zu machen.

Das Herzogliche Mausoleum wurde vom Architekten Franz Heinrich Schwechten, er lebte von 1841 bis 1924 und ist beispielsweise durch Bauten wie den Anhalter Bahnhof oder die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, aber auch durch das Kreishaus in der Lutherstadt Wittenberg bekannt, von 1894 bis 1898 erbaut. Den Auftrag hatte Herzog Friedrich I. erteilt, um für sich und seine Familie eine würdige Grabstätte zu schaffen. Die Grundfläche der Grabkapelle beträgt 38 x 46 Meter. Die Kuppel ist 43 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 14 Meter.

Das Terrain rings um das Mausoleum, dort wo sich heute der Tierpark befindet, war zuvor herzogliches Ackerland und wurde 1893 beginnend zum Mausoleumspark gestaltet. Im Anhaltischen Staats-Anzeiger vom 18. Juli 1897 heißt es dazu: "Der Herzogliche Gartendirektor Hooff aus Cöthen hat auch in der Anlage dieses Parkes wieder seine gesunde Phantasie und seine glückliche Hand in der Verwendung der gegebenen Motive bewährt. Natürlich werden Jahrzehnte vergehen, bevor diese junge Anlage in Wahrheit ein Park sein wird, aber das läßt sich schon jetzt erkennen, daß diese neueste Schöpfung der anhaltischen Gartenbaukunst ebenbürtig neben den älteren Herzoglichen Gärten stehen wird. Der Theil vor dem Mausoleum bleibt lediglich dem Blumenkultus reserviert, der die Frontansicht des Bauwerkes dem Auge freiläßt. Hinter dem Mausoleum liegt der etwa vier Morgen große Weiher. Das hier ausgehobene Erdreich hat zur Anlage malerischer Hügel, insbesondere an der von der Staatsbahn begrenzten Ostseite, Verwendung gefunden. Hübsche Promenadenwege führen um den Weiher und durch die schon prächtig gediehenen Anlagen. Die Bäume und Strauchgruppen an der Ostseite verdecken schon jetzt völlig den Ausblick nach der Bahnstrecke und man gewinnt die Ueberzeugung, daß die oft geäußerte Befürchtung manches guten Dessauers, die Nähe der Staatsbahn könne die Mausoleumsanlage störend beeinträchtigen, grundlos war."

Genau auf diesem Gelände wird Anfang März 1958 mit der Errichtung der Lehrparkes für Tier- und Pflanzenkunde Dessau begonnen. Das Ziel ist klar: "Es soll kein Tierpark, sondern ein Lehrpark entstehen, der neben der zoologischen auch die botanische, dendrologische sowie ornithologische Seite, die biologische Schädlingsbekämpfung, den Vogelschutz, und vor allen Dingen die Tierpflege in populärwissenschaftlicher Form unseren Menschen nahebringen soll. Die Weiträumigkeit des herrlichen Parkes gibt die Möglichkeit, besonders unsere einheimischen Tiere naturgemäß in die Landschaft einzupassen", schreibt die "Freiheit" am 12. Mai 1958.

Schon im Gründungsjahr werden 18.000 Besucher gezählt, welche die ersten dort untergebrachten Tiere sehen wollen. 1961 leben im Park bereits 82 verschiedene Tierarten, gibt es etwa 60 verschiedene Baumarten, hat sich die Besucherzahl fast verdoppelt. Immer neue Anlagen entstehen, beispielsweise für Braunbären oder Affen.

Im August 1964 wird zum ersten Mal zum Tierparkfest eingeladen, ein riesiger Erfolg. Dieser soll sich Jahr für Jahr viele Jahrzehnte lang wiederholen, bis das Fest in seiner einstigen Form seit ein paar Jahren wegen fehlendem Geldes nicht mehr durchgeführt werden kann.

1971 steht eine IL 14 - umgebaut zu einem Cafe und aus Berlin-Schönefeld gekommen - den Besuchern zur Verfügung. Die "Waldschänke" öffnet 1975 ihre Türen. 1981 kann gemeldet werden, dass der Dessauer Tierpark der einzige seiner Art in der DDR ist, der alle in Europa vorkommenden Hirscharten beherbergt. 1983 erwarten die Verantwortlichen den dreimillionsten Tierpark-Besucher seit der Eröffnung der Einrichtung. Fünf Jahre später blickt der Tierpark auf seinen 30. Geburtstag zurück. Da sind etwa 500 Tiere und 130 Arten zu sehen. Beim Frühjahrsputz wird das Flugzeug wieder demontiert.

Immer neue Gehege entstehen, alte werden abgerissen. Neue Tierarten werden angeschafft, andere nicht mehr gehalten. Der Park wird modern, ohne sein Flair zu verlieren. Die Haltungsbedingungen werden immer besser, artgerechter. Es gibt die Jahrzehnte über Höhen und Tiefen, Probleme und Erfolge, richtige und falsche Entscheidungen. Doch eines bleibt konstant: Mit dem Lehrpark für Tier- und Pflanzenkunde besitzen die Dessauer und ihre Gäste einen idyllischen Ort, eine Anlage, die es kleinen und großen Besuchern ermöglicht, erholsame und zugleich lehrreiche Stunden zu verbringen.